Schiele, Klimt, der Jugendstil – das Leopold Museum Wien

Das Leopold Museum ist ein 2001 eröffnetes Kunstmuseum in Wien, das für seine außergewöhnliche Schiele- und Klimt-Sammlung bekannt ist. Jugendstil, Schiele, Klimt & Co. gehören zu meinen großen Favoriten – nun hier ein paar persönliche Gedanken, Eindrücke & Favoriten aus dem Leopold-Museum.

Das Leopold-Museum selbst liegt im MuseumsQuartier in Wien, einem Ort, der schon architektonisch viel verspricht. Die Sammlung besteht aus über 5.000 Werken, vor allem aus der Wiener Moderne um 1900: Jugendstil, Secession, Expressionismus. Die Präsentation ist großzügig, die Räume hoch und weitläufig, ein sehr angenehmes Museum mit viel Raum zum Schauen. Gut gefallen hat mir auch die Präsentation und Beschreibung der einzelnen Künstler nicht in kleinen Texten, sondern großformatig in Wandhöhe in Bild & Text. Fotografisch war es ein bisschen knifflig, ich hatte auch nur mein Handy dabei – die großzügige Ausleuchtung sorgt stellenweise für relativ viel Reflektion besonders in den oberen Bildbereichen.

Ein Teil, der mich besonders begeisterte, war die Plakatkunst des Jugendstils im Leopold. Die Plakate und Entwürfe der Wiener Secession sind einfach viel mehr als nur reine Werbung, sie sind grafische Kunstwerke. Alleine, was mit Schrift so alles möglich ist…! Mir gefällt ihre Farbigkeit, ihre Ordnung, ihre klare und bisweilen auch sehr verschnörkelte Typographie; der Verzicht auf Tiefenräumlichkeit, gelegentlich Schatten, stattdessen starke Betonung von Fläche und Form, Symmetrie und geometrische Stilisierung. Diese Klarheit, diese fast graphische Qualität, schafft plakative Bilder. Könnte man heute in Illustrator nachbauen, wirkt aber gemalt & gedruckt ganz anders. Besonders bei meinen Lieblingsmotiven: streng dekorative und ornamentale Designs. Als Beispiel folgende Bilder:

(Fun Fact: Vom linken Plakat mit dem Streifenmotiv habe ich mir eine hübsche Baumwolltasche gekauft. Ich habe drei Tage gebraucht, um zu erkennen, dass das zweite Wort „Plakate“ heißt … aber das Motiv gefällt mir unheimlich gut.)

Sehr gefreut habe ich mich, endlich einmal eine Ausstellung über Egon Schiele zu sehen; eben nicht nur Reproduktionen, nicht nur Diskussionen, sondern seine Werke in natura. Seine Figuren, seine Linien, die expressiven Verzerrungen, das Drängen an Grenzen, das wirkt live vor dem Bild im Original völlig anders. Im Leopold gibt es übrigens die weltweit größte Schiele-Sammlung zu sehen.

Wichtig an dieser Stelle: Natürlich ist Schiele kontrovers bezogen auf seinen Umgang mit Körper, Sexualität, mit tabuisierten Themen, und wie Gesellschaft, Kunstkritik und Markt darauf reagieren. Gerade im Bezug auf seine Aktdarstellungen sollte man sich im Klaren sein, in welchem Kontext man das heute benennt und wertet und ihn kritisch sehen.

Was die Werke von Schiele für mich sind: Sie provozieren, sind verletzlich & zerbrechlich und trotzdem kraftvoll in ihrer stellenweise bemerkenswert verzerrten „Hässlichkeit“ der Figuren, in denen so viel Emotionalität liegt. Leider war die Schiele-Etage so gut besucht, dass ich nicht fotografieren konnte und euch daher ein paar meiner „Lieblingswerke“ hier nur nennen kann: „Sitzende Frau mit hochgezogenem Knie“, „Die Umarmung“ und „Bildnis einer Frau“ – wovon es hier mehrere mit diesem Namen gibt, meines ist aber die Variante der rothaarigen Frau mit dem Hut.

Ein Künstler, von dem ich vorher gelesen, aber noch nicht viel gewusst habe, und dessen Werke zu entdecken mich gefreut hat: Richard Gerstl (1883 – 1908). Die Selbstbildnisse, die Aktbilder, seine Farbwahl: seine Bilder sind ehrlich & intensiv. Man spürt, wie er nicht einfach Pose macht, sondern ausreizt und das zwischen Ausdruck und Schmerz. In seinem „Selbstbildnis, lachend“ von 1908 sehe ich kein ehrliches Lachen, sondern viel versteckten Schmerz. Bei diesem Bild habe ich lange hingeschaut; er blickt mir in die Seele. Wer viel lacht, verbirgt viel dahinter. Gerstl nahm sich im Alter von 25 das Leben.

Das Museum bietet aber nicht nur Plakatkunst und Malerei: Skulpturen, Objekte weiterer Künstler des 19. und des 20. Jahrhunderts komplettieren die Sammlung und sind besonders im Erdgeschoss in den weiten Räumen gut platziert. Für mich nicht so reizvoll, aber durchaus sehenswert. Weiter oben findet sich Kunsthandwerk und originales Mobiliar des Jugendstils und der Wiener Werkstätte, was auch seinen ganz eigenen Reiz hat – unter anderem findet sich ein ganzes Mädchen-Schlafzimmer.

Zusammengefasst besitzt das Leopold Museum vor allem die weltgrößte Sammlung von Werken Egon Schieles und bietet damit einen einzigartigen Überblick über das Schaffen und die Werke dieses bedeutenden Zeichners und Malers des österreichischen Expressionismus.

Werke von Gustav Klimt, einer der herausragendsten Künstlerpersönlichkeiten der Wiener Secession, dürfen natürlich auch nicht fehlen – lustigerweise bevölkern seine Motive sogar ganze Shops in Wien. Andere bedeutende in der Sammlung vertretenen Künstler sind Alfred Kubin, Koloman Moser, Albin Egger-Lienz, Carl Moll, Herbert Boeckl, Anton Faistauer, Anton Kolig, Ferdinand Georg Waldmüller, Anton Romako, Josef Hoffmann und Albert Paris Gütersloh.

Ich habe knapp vier Stunden im Museum verbracht und war zwar hinterher von den Eindrücken durchaus etwas erschlagen, kann es aber absolut empfehlen. Wenn ihr Jugendstil & Expressionismus mögt, solltet ihr dem Museum also unbedingt einen Besuch abstatten! Mehr Infos gibts hier: https://www.leopoldmuseum.org/

Andrea

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